Was steckt tatsächlich hinter dem Krieg Russlands gegen die Ukraine?

Es sind ja wie immer in der modernen kapitalistischen Zeit hehre, bzw. dringende humanitäre Ziele, für die dieser Krieg geführt wird. Z. B. will Russland die Faschisten in der Ukraine bekämpfen. In der ukrainischen RADA sitzt aber seit der letzten Wahl im Jahre 2019 nur noch ein einziger organisierter Faschist aus dem Wahlbündnis der faschistischen Partei Swoboda, das zwar deutlich mit 2,4 % an der 5%-Hürde gescheitert ist, aber 1 Mandat gewonnen hat. In der vorherigen Wahlperiode ab 2014 waren die Faschisten und Rechtsextremisten in der RADA noch mit 32 Abgeordneten vertreten. Das Argument ist also bar jeglicher Tatsachen.

Und der Westen verteidigt mit der Unterstützung der Ukraine natürlich die Freiheit und die demokratischen Werte des Westens. Dabei ist die große Frage, wie es um diese Werte tatsächlich bestellt ist. Ich will nur ein Beispiel nennen:

An den deutschen Grenzen werden verstärkt illegale Migranten in die Nachbarländer, aus denen sie eingereist sind, zurückgewiesen. Damit ist das Problem natürlich nicht gelöst, sondern wird nur in schwächere Länder verlagert. Sollen die sich doch damit herumschlagen, wir haben damit nichts zu tun. Dabei haben wir sehr wohl eine Menge damit zu tun. Es gibt 4 hauptsächliche Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen müssen: 1. Krieg, 2. Verfolgung aufgrund politischer, religiöser oder sexueller Einstellung, 3. Hunger, Armut, Perspektivlosigkeit, 4. Klimawandel Beim Punkt 3 fügt die Welthungerhilfe dazu, dass das auch eine Folge ist von kolonialer Ausbeutung, die sich bis heute durch postkoloniale Strukturen fortsetzt (Fluchtursachen – warum Menschen flüchten – Welthungerhilfe). Alle diese Ereignisse sind Folgen des kapitalistischen Systems. Kriege werden nicht nur, aber insbesondere um Bodenschätze geführt. Im Sudan geht es um Gold, im Kongo um Coltan usw. usf. (Das aus Coltan gewonnene Tantal wird zur Herstellung der in nahezu jedem elektronischen Gerät verwendeten Kondensatoren benötigt.) Und jedes kapitalistische Land profitiert in dieser oder jener Weise von billigen Bodenschätzen, besonders die entwickelten Industrieländer. Aber die wollen natürlich verhindern, dass es den Menschen bewusst wird, dass Kriege die unvermeidliche Folge des Konkurrenzkampfes zwischen kapitalistischen Staaten sind. Sie schlagen dafür lieber auf die wehrlosen Opfer dieses Kampfes, die Migranten, ein, um von ihrer eigenen Verantwortung für die Fluchtursachen abzulenken. Die Migranten werden als der neue Feind aufgebaut. Sie sind die Juden von gestern. Sie werden diskriminiert, kriminalisiert, verfolgt und ins Elend zurückgestoßen. Besonders tun sich natürlich die Rechten in diesem Land hervor, die CDU/CSU, die AfD natürlich, aber auch das BSW.

Und um Bodenschätze geht es auch in der Ukraine. Die Dimensionen sind gewaltig. Nicht umsonst hat Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts genannt.

Die Ukraine ist, oder muss man sagen, war ein reiches Land. Sie war vor dem Krieg die Kornkammer Europas. Ihre Schwarze Erde ist besonders fruchtbar. So fruchtbar, dass zwischen Agrarkonzernen aus den USA, der EU und China ein erbitterter Kampf um das schwarze Gold tobt, der vor allen Dingen mit der Ruinierung der Kleinbauern enden wird. Mit der Profitmacherei aus diesem Reichtum ist aber Schluss, wenn Russland die gesamte Ukraine besetzt. Auch Russland hat große Regionen mit Schwarzerdeböden. Es ist zum weltweit größten Exporteur von Weizen aufgestiegen. 2023/24 wurden 53.500.000 Tonnen Weizen exportiert und für 2024/25 sind 50.000.000 Tonnen prognostiziert. Die EU als zweitgrößter Weizenexporteur liegt  bei 35.000.000 bzw. 34.000.000 Tonnen. Die Ukraine als sechstgrößter Exporteur schaffte es auf 17.500.00  bzw. 14.000.000 Tonnen. Die Menge ging deshalb zurück, weil Russland die Schwarzmeer-Getreide-Initiative im Juli 2023 beendete und die Ausfuhr per Schiff blockierte. In der Zeit vor Beendigung der Initiative hatte Russland die Ausfuhr von Getreide der Ukraine durch andere Maßnahmen beschränkt. Die ukrainischen Schiffe wurden von Russland kontrolliert. Bloß fertigten sie statt 40 Schiffen, die sonst die Meerenge am Bosporus passierten, nur 8 Schiffe ab. Außerdem hatte die Ukraine zu 22 Prozent des Weizens im östlichen Teil des Landes wegen des Krieges keinen Zugang gehabt, unter anderem weil zahlreiche Felder an der Front liegen.  Zudem wurde knapp ein Fünftel des ukrainischen Weizens – im Wert von rund einer Milliarde Dollar – von russischen Besatzern abgeerntet. (Wieso Russlands Krieg auch Hungersnöte verschlimmert – obwohl es genug Weizen gibt – Ukraine – derStandard.de › International). Ägypten, Uganda und Ruanda sind besonders abhängig von russischem und ukrainischem Weizen. Jede Preiserhöhung kann dort zu Hungersnöten führen.

Und die Ukraine ist ungeheuer reich an Bodenschätzen, vor allen Dingen an den Erzen und Seltenen Erden, die heutzutage für den grünen Technologiewandel am meisten gebraucht und nachgefragt werden. Am Informativsten ist das in der DW beschrieben: (Kriegsbeute: Russland greift nach ukrainischen Bodenschätzen – DW – 26.08.2023), siehe auch (Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung | Ukraine-Analysen | bpb.de). Schon durch die Annexion der Krim fielen Russland große Erdöl- und vor allen Erdgasfelder in die Hände. Gerade im Donbas liegen große Vorkommen von den heiß begehrten Erzen. Die kanadische Denkfabrik SecDev veröffentlichte im August 2023 eine Analyse, nach der Russland zu diesem Zeitpunkt Bodenschätze  der Ukraine im Wert von unvorstellbaren 12,4 Billionen US-Dollar (etwa 12,15 Billionen Euro) kontrolliert (12 Billionen Dollar wert: Putin kontrolliert Bodenschätze der Ukraine – Business Insider). Welche riesigen Profitmöglichkeiten!

Das ist ein wahrer Leckerbissen nicht nur für Russland. Es kann die Schätze im Augenblick zum größten Teil nicht heben, aber solange es die Lagerstätten besetzt hält, kann dieser ungeheure Reichtum auch nicht von den westlichen Imperialisten ausgebeutet werden. Aus diesem Grund wird sich Russland nicht freiwillig aus diesem Gebiet zurückziehen. Es sei denn, Russland und die westlichen Imperialisten würden sich den Reichtum teilen, verbunden mit einem Almosen an die Ukraine. Aber teilen würde ein Imperialist nur, wenn er so geschwächt ist, dass er Gefahr läuft, alles zu verlieren.

Und die Krim braucht Russland zur Beherrschung des Schwarzen Meeres. Das Schwarze Meer hat eine große geopolitische Bedeutung. Es ist für alle Anrainerstaaten das Tor zur Welt. Wichtig für Russland wie auch für die Ukraine waren die freie Fahrt für ihre Handelsschiffe mit vor allen Dingen Getreide, Raps, Mais, Sonnenblumenöl und -schrot, sonstigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Exportgütern. Die Ukraine wickelte zu Friedenszeiten über 50 Prozent ihrer gesamten Exporte über ihren größten Schwarzmeerhafen in Odessa ab. Russland hat über das Schwarze Meer den schnellsten Zugang für seine wirtschaftlichen und militärischen Aktivitäten ins Mittelmeer, in den Nahen Osten, z.B Syrien, nach Nordafrika, zB. Libyen und Südeuropa. Auf der anderen Seite bezieht die EU Gas und Öl aus Aserbeidschan über Georgien und das Schwarze Meer. Und die NATO hat sich über die drei Anrainerstaaten Türkei, Bulgarien und Rumänien in der Region positioniert. (Ukraine-Krieg: Das Schwarze Meer und seine Bedeutung – DW – 17.01.2024). Die Türkei hat die absolute Herrschaft über die Meerenge am Bosporus und kann Schiffen die Durchfahrt verweigern.

Und es gibt noch ein Problem mit der Wasserversorgung der Krim. Die Ukraine hatte nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 den Nord-Krim-Kanal, der die Krim mit Wasser versorgt und von dem Fluss Dnipro gespeist wird, den Kanal durch Bau eines Dammes trocken gelegt, was wiederum von den noch auf der Krim verbliebenen Ukrainern heftig kritisiert wurde. Nach der russischen Besetzung des ukrainischen Gebiets südlich von Cherson 2022 öffneten die Russen den Damm wieder. Da das Wasser ja überlebenswichtig für Mensch, Industrie und Landwirtschaft ist, ist das der nächste Grund, warum sich Russland nicht so einfach aus dem Gebiet zurückziehen wird.

Ein möglicher Frieden geht also nur über die Aufteilung der Bodenschätze und den zukünftigen Status der Krim. Den Donbas und seine Bodenschätze könnte man sich zur Not ja teilen. In Bezug auf die Krim sieht es schon schwieriger aus. Die Krim ist unteilbar und aufgrund seiner strategischen und wirtschaftlichen Bedeutung für Russland als auch für die Ukraine unverhandelbar. Den einzigen Ausweg, den ich sehe, dass die Krim entmilitarisiert und unter internationale Aufsicht gestellt wird. Russland ist aber weit davon entfernt, auf solche Vorschläge einzugehen. Bis jetzt gingen seine Vorschläge vom Status Quo, dem Rückzug der ukrainischen Armee aus den von Russland besetzten Gebieten und einer erheblichen Reduzierung der ukrainischen Armee aus. Wenn sich aber Russland, die westlichen Imperialisten und die Ukraine nicht einigen können, dann besteht die Strategie der westlichen Imperialisten höchstwahrscheinlich darin, die Sanktionsschraube noch weiter anzuziehen und darauf zu setzen, dass Russland im Verlauf der weiteren Entwicklung wirtschaftlich und militärisch so geschwächt wird, dass soziale Aufstände drohen.

Weil: In Russland herrscht eine ungeheure Ausbeutung der Arbeiterklasse. Z.B. lagen 2019 die Arbeitskosten des Verarbeitenden Gewerbes in Russland bei 5,38 USD pro geleistete Arbeitsstunde, der niedrigste Wert weltweit in einem entwickelten Industrieland. Sogar in China waren die Arbeitskosten höher. In Deutschland lagen sie 2021 bei 49,56 USD, und das auf dem Hintergrund, dass die Lebenshaltungskosten in Russland ungefähr halb so hoch waren wie in Deutschland. Im Jahr 2023 sind die Reallöhne in Russland aufgrund des Arbeitskräftemangels um 7,6 % gestiegen. Nach einer Analyse von Bloomberg stiegen die Löhne in der Privatwirtschaft um 8 bis 20 %. Die Preise aber auch, im April 2022 sogar um 17,8 %. Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Inflationsrate bei 13,75 %, im Jahr 2023 bei 5,86 % und für das Jahr 2024 wird eine Rate von 6,87% prognostiziert.

Russland braucht dringend neue Arbeitskräfte, die es ausbeuten kann. Doch die Bevölkerung schrumpft dramatisch. Nahezu 1 Million Russen sind gleich nach dem Überfall auf die Ukraine ins Ausland geflohen. Nach Einschätzung „des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften fehlten Ende 2023 in Russland rekordverdächtige fünf Millionen Arbeitskräfte.“ (Bevölkerung schrumpft und schon jetzt fehlen fünf Millionen Arbeitskräfte – Russlands Wirtschaft steht vor demografischer Katastrophe). Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte die russische Bevölkerung um die Hälfte schrumpfen. Bis Ende 2026 könnte ein/eine durch die fehlenden Arbeitskräfte bedingtes geringeres Wachstum und geringere Produktivität die russische hinter die indonesische Wirtschaft zurückwerfen. Im Augenblick wächst die russische Wirtschaft aufgrund der Kriegswirtschaft. Aber die Produktion von Rüstungsmaterial ist im höchsten Maß unproduktiv, und das in zweierlei Hinsicht. Die Rüstung frisst große Mengen an Ressourcen, die aber weder für produktive Zwecke weiter verarbeitet werden können, noch die Arbeitskraft wieder herstellen. Rüstung ist nur dazu da, um zu zerstören und selbst zerstört zu werden und dringend benötigte Arbeitskräfte zu töten. Aber Russland schickt und zwingt seine Soldaten in den Tod, als hätte es davon noch Hunderttausende zur Verfügung. Früher einmal haben die Soldaten die Gewehre umgedreht, aber das ist lange her. Bloß auf Dauer kann das nicht gut gehen. Waffen und Munition tragen nicht zum Wohlstand und nichts zum künftigen Wirtschaftswachstum bei. Russland hat im Jahr 2023 109,5 Mrd. USD für Rüstung ausgegeben, das sind 5,86 % des Bruttoinlandsprodukt (BIP), bzw. 1/3 des russischen Haushalts. Im Jahr 2024 soll der Betrag auf 115 Mrd. USD erhöht werden. Im Augenblick hat Russland noch genügend Ressourcen und mit den Ressourcen der Ukraine wäre es aller Sorgen ledig. (5 Gründe, warum Russlands Wirtschaft nicht zusammenbricht – Business Insider)

Es sieht so aus, als ob die westlichen Imperialisten einen längerfristigen Krieg anstreben. Denn auch hier trägt die Rüstungsindustrie zum Wirtschaftswachstum bei. Ein Hinweis darauf ist auch die zögerliche Lieferung von Ausrüstung an die ukrainische Armee und die Verbote, manche weit reichenden Waffensysteme in Russland einzusetzen. Auch die russische Führung scheint an einem längeren Krieg interessiert zu sein. Denn solange der Krieg dauert, so lange brummt auch die Wirtschaft. Die russische Wirtschaft hängt am Tropf des Staates und ist abhängig von den Militärausgaben. Und wenn der Krieg zu Ende ist, könnte es zu einer ausgewachsenen Krise kommen.

Die oben angeführten Fakten, die das Handeln des russischen Imperialismus und der westlichen Imperialisten erklären, sind bekannt und im Internet abrufbar, aber trotzdem spielen sie in der öffentlichen Diskussion keine Rolle. Es wäre ja auch fatal für alle Beteiligten, wenn diese Fakten einer größeren Öffentlichkeit bewusst gemacht werden. Dadurch würden sich die Lügengespinste beider Seiten in Luft auflösen. Wenn den Leuten klar wäre, dass Russland sich die Bodenschätze unter den Nagel reißen will, dann wäre die Suche nach den wenigen Faschisten sinnlos. Russland mit dem Schwarzerdeboden der Ukraine und deren Bodenschätzen würde auf bestimmten Gebieten den Weltmarkt beherrschen, was ebenso für die westlichen Imperialisten gilt. Das ist doch das, was heutzutage zählt. Was will Russland mit mehr Land? Es hat selbst genug davon. Es will das, was im Boden liegt und da hätte Deutschland z.B. wenig zu bieten. Und warum soll Russland die NATO angreifen wollen? Weil es eben mal Lust auf einen Krieg hat? Unsinn! Und mit was will Russland die NATO angreifen? Mit den alten Panzern aus sowjetischen Zeiten? Russland hat mit der Ukraine schon genug Probleme. Und dann soll es die militärisch viel stärkere NATO angreifen? Diese unsinnige Behauptung wird aber als Grund genannt, warum Deutschland und die NATO aufrüsten müssen. Was sich in der Ukraine abspielt, ist ein Musterbeispiel für Imperialismus auf beiden Seiten. Wer den Imperialismus nur im Westen oder nur im Osten verortet, der ist jeweils auf einem Auge ziemlich blind. Und wer angesichts der Billionen US Dollar, die dem Besitzer der Bodenschätze winken, auf eine schnelle friedliche Lösung hofft, der ist ziemlich naiv.

Und noch eins zum Schluss: An und für sich gehören diese Bodenschätze, wie alle anderen auf dieser Welt, der gesamten Menschheit. Aber solange und soweit es noch bürgerliche Staaten gibt, die ja dem Kapital in Gestalt des Bürgertums die Mittel geben, um an der Macht zu bleiben, hat kein Staat der Welt das Recht, das Territorium des anderen Staates anzugreifen, zu besetzen, zu zerstören, auszurauben und die dort lebenden Menschen zu foltern, vergewaltigen und zu töten. Um das zu verhindern, gibt es nur eine Möglichkeit: den Kapitalismus und mit ihm die bürgerlichen Staaten über Bord zu werfen.

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