Über das Kleinbürgertum, seine Ideologie und seine politische Lage

Zwischen den Besitzern des großen Kapitals, dem Großbürgertum und der Arbeiterklasse befindet sich die Klasse des Kleinbürgertums, der sog. Mittelstand, wie sie heute genannt wird. Dazu gehören die Selbständigen aller Couleur, die Kleinunternehmer, Bauern, Beamten. Und auch Teile der Arbeiterklasse gehören dazu, die sog. Arbeiteraristokraten: die Gutverdiener, die Meister und Vorarbeiter usw.

Viele von ihnen eint die Furcht, aus ihrer mehr oder weniger komfortablen Lage in die Arbeiterklasse hinabzusteigen oder ruiniert zu werden und völlig zugrunde zu gehen. Auf die Beamten trifft das natürtlich nicht zu. Diese Furcht bei den anderen ist ja durchaus berechtigt. Kleinunternehmer z.B. müssen ständig befürchten, von der Konkurrenz oder durch andere Umstände, wie z.B. die Pandemie, in den Ruin getrieben zu werden.

Die Ideologie, die Weltanschauung des Kleinbügertums, wie des Bürgertums überhaupt, ist der Idealismus. Der Idealismus geht davon aus, dass das Abbild der Umwelt, des materiellen Seins, im eigenen Hirn die Realität ist. Diese Widerspiegelung der äußeren Welt im Gehirn ist aber je nach Herkunft, Kultur, Bildungsstand, Klassenzugehörigkeit usw. sehr verschieden.

Im Gegensatz dazu versucht der Materialismus, das Wesen der uns umgebenden Welt, des materiellen Seins und seiner Bewegungsgesetze, aufzudecken und zu begreifen. Die Materie und seine dauernde Verwandlung und Veränderung ist der Grund für die Entstehung der Welt und ihre Entwicklung. Auch der Mensch und sein Gehirn, sein Denken, sind Teil der Materie. Alle Naturforscher und Wissenschaftler, die versuchen, die Bewegungsgesetze der Materie zu erkennen, sind Materialisten, ob sie es wollen, bzw. wissen oder nicht.

Auf der Grundlage des idealistischen Denkens, das Bewußtsein über das Sein zu stellen, können sich solche Bewegungen wie z.B. die Querdenker entwickeln. Für sie ist nicht entscheidend, was Wissenschaftler und Forscher sagen, sondern einzig und allein, wie sich das Ganze in ihrem Gehirn abbildet. Die bürgerliche Welt kann diese Phänomene auch nicht gründlich und grundlegend bekämpfen, weil sie selbst idealistisch denkt. So ignorieren besonders reaktionäre Politiker auf der Welt, abgesehen von der Bedienung materieller Vorteile für Einzelne, die von Wissenschaftlern herausgefundenen Ergebnisse und Ratschläge bezüglich der Corona-Pandemie.

Die politischen Anschauungen und Vertretungen des Kleinbürgertums sind vielfältig. Das geht von ganz rechts bis ganz links.

Die Teile des Kleinbürgertums, die völlig egoistisch sind und nur sich selbst sehen und aufgrund ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage den einzigen Ausweg in der individuellen Gewalt sehen, sind das ideale Reservoir des Faschismus auf der rechten wie des Anarchismus auf der linken Seite. Die Teile des Kleinbürgertums, die begriffen haben, dass individuelle Gewalt nichts bringt, sondern nur die politische Organisierung, haben sich ihre Parteien geschaffen. Das sind die AfD und die FDP auf der rechten Seite, sowie die Grünen und die Linke auf der linken Seite, wobei der Übergang zum Extremismus zuweilen fließend ist, wie z.B. bei der AfD und den offen faschistischen Kräften.

Auffällig ist, dass das Kleinbürgertum gleich durch vier größere Parteien vertreten ist. Die Zersplitterung ist die große Schwäche dieser Klasse, die sich im Verlaufe der Geschichte schon so oft gezeigt hat. Besonders deutlich wird das bei den faschistischen Organisationen. Seit Bestehen der Bundesrepublik gab es unzählige faschistische Gruppierungen, die sich immer wieder neu gegründet, über kurz oder lang aufgeteilt haben, zerfallen und im politischen Nirwana verschwunden sind. Der Konkurrenzkampf des Kleinbürgertums ging und geht also auf politischer Ebene weiter.

Das Kleinbürgertum ist nicht gegen den Kapitalimsus, dafür lebt es zu gut von diesem System und hat auch nicht vor, das zu ändern. Das Einzige, was es will, ist, das System erträglicher für die eigene Klasse zu gestalten. Die Linke z.B. will das System reformieren und den Konkurrenzdruck durch die Konzerne und Banken auf das Kleinbürgertum vermindern. Das genügt aber der Großbourgeoisie, politisch vertreten durch die CDU/CSU, um gegen die Linke als Systemfeinde und Kommunisten Stimmung zu machen, was auf die Linke aber bestimmt nicht zutrifft. Auch die AfD will diesen Konkurrenzdruck vermindern. Sie hätte gern die guten alten Zeiten der Konkurrenz auf dem Marktplatz zurück, die es in Wirklichkeit aber nie gab. Auch in den Anfängen des Kapitalismus gab es schon Handelskonzerne, die Fugger und Welser z.B., die den Handel monopolisierten. Die Fugger z.B. hatten das Monopol auf Silber- und Kupfergewinnung und im Auftrag des Vatikans das Monopol für den Verkauf von Ablässen. Das andere System der AfD ist also nur eine Fata Morgana, die den Menschen vortäuschen will, dass die Partei einen Systemwechsel will.

Und noch einen Unterschied gibt es zwischen diesen Parteien. Die Linke und die Grünen geben sich den Anschein, dass sie die gesamte Gesellschaft vetreten. Die FDP und die AfD bemühen sich noch nicht einmal darum. Sie sprechen einzig und allein für ihre eigene Klientel.

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