Über den Menschen

Es ist viel über den Menschen und die Menschlichkeit die Rede. Einige bewerten das Menschlich-Sein als positiv, so als ob der Mensch von Natur aus gut sei. Andere wiederum gehen davon aus, dass der Mensch von Natur aus schlecht sei. Nun, beide Anschauungsweisen sind im Unrecht.

Der Mensch ist bei seiner Geburt ein unbeschriebenes Blatt. Er entwickelt sich aufgrund der ihn umgebenden Bedingungen. Aber er reagiert unterschiedlich, individuell auf diese Bedingungen. Deshalb bevorzugte Marx auch den Begriff Individuum.

Wenn jemand in arme Verhältnisse hineingeboren wird, so kann er auf unterschiedliche Weise reagieren. Viele finden sich mit den Verhältnissen ab und passen sich an, einige werden kriminell, manche versuchen, mit aller Energie aus diesen Verhältnissen herauszukommen, manche schaffen das auch und wiederum andere werden revolutionär. Der Mensch ist nun mal nicht so oder so. Jedes Individuum ist anders.

Allen Individuen aber als Teil der Natur eigen ist, dass sie, genau wie die Natur, um ihr Leben, um ihre Existenz kämpfen. Das kann man tun, indem jeder für sich und gegen die anderen kämpft, wie es im Kapitalismus der Fall ist, oder man kämpft gemeinsam für alle Mitglieder der Gesellschaft, wie es im Kommunismus der Fall ist. Eigentlich ist ja die Frage, was besser ist, ziemlich leicht zu beantworten, wenn es nicht eine Minderheit gäbe, die ein fundamentales Interesse daran hat, die jetzigen Verhältnisse aufrecht zu halten, weil sie davon sehr gut leben. Und diese Minderheit hat auch den Staat auf ihrer Seite.

Wie Individuen sich unter kapitalistischen Bedingungen notwendigerweise verhalten, zeigt sich am besten in Ausnahmesituationen. Viele werden die grausamen Massaker in den Kriegen, das gegenseitige Abschlachten als unmenschlich bezeichnen.

Aber das ist zutiefst menschlich. Für jeden Soldaten, der in eine solche Situation gestellt ist, heißt es nur: Entweder er oder ich. Und der Kampf ums eigene Überleben heißt ihn, zu schießen. Der Kampf um die eigene Existenz diktiert dem Individuum das Verhalten.

Genauso ergeht es den  querdenkenden, coronaverleugnenden, impfverweigernden und esoterischen Kleinbürgern. Die meisten von ihnen kämpfen um ihre Existenz als Freiberufler, Kleinbetriebler, Solo-Selbstängiger usw. Ein längerer Lockdown würde ihre Existenzgrundlage vernichten, bzw. hat sie schon vernichtet. Dass deren Demonstrationen so gewalttätig sind, ist auf ihre Lage im Produktionsprozess zurückzuführen. Als Einzelkämpfer sind sie es gewohnt, mit harten Bandagen zu kämpfen und ihre Lage hat sie zu Egoisten werden lassen.

Und damit kommen wir auf den Punkt: Entscheidend ist die Zugehörigkeit zu einer Klasse. Die arbeitenden Klassen rund um den Erdball eint das Verlangen, Ausbeutung und Unterdrückung abzuschaffen. Die Menschlichkeit dieser Klassen drückt sich aus in der Solidarität mit den Unterdrückten und Ausgebeuteten in der ganzen Welt. Eine Solidarität mit der bürgerlichen Klasse kann es nicht geben. Auch nicht mit der kleibürgerlichen Klasse, es sei denn, die stellt sich auf die Seite der arbeitenden Klasse, was die Querdenkerbewegung z. B. aber nicht tut.

Die Menschlichkeit der herrschenden Klasse aber ist eine glatte Lüge, denn die gibt es nicht. Diese Individuen sind weder mit ihren eigenen Klassenmitgliedern noch mit den unterdrückten Klassen solidarisch. Die einzige Solidarität ist die der herrschenden Klasse als Gesamtheit gegen die arbeitenden Klassen. Und die wird durch ihren Staat ausgeübt. Sehr deutlich an Europas Außengrenzen zu sehen, vor denen Flüchtlinge verrecken.

Der Begriff menschlich ist heutzutage eine bürgerlich-moralische Kategorie, denn er bezeichnet nicht die wenigen gemeinsamen Eigenschaften aller Individuen, wie z.B. den Überlebenswillen. Er bezeichnet die moralische Pflicht der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen, solidarisch mit allen anderen Klassen, also ihren Ausbeutern zu sein.

Die Bezeichnung Mensch für das Individuum ist für die jeweils herrschende Klasse nur ein Vehikel, um die Klassengegensätze zu verwischen. Sie will vergessen machen, dass sich die gesamten 7,9 Milliarden Individuen auf der Erde in Herrschende und Beherrschte aufteilen. Sie will ihnen weis machen, dass wir alle in einem Boot sitzen und dass es den Beherrschten nur gut geht, wenn es den Herrschenden gut geht. Und dazu trägt die Bezeichnung Mensch bei. „Alle Menschen werden Brüder!“ heißt es in der Ode an die Freude in Beethovens 9. Simphonie. Was da aber so hehr und feierlich daher kommt, ist im Kapitalimus eine Illusion. Genauso wie die Bezeichnung Mensch die Illusion schürt. dass alle Individuen gleich sind. Die Bezeichnung Mensch trifft zu auf die ersten auf dieser Erde lebenden Individuen, denn da gab es noch keine Klassen und sie wird wieder zutreffen, wenn die Klassen abgeschafft sind.

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