Der spanische Bürgerkrieg – Verrat aller relevanten Arbeiteroganisationen an der Revolution

In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts hätte es in Spanien beinahe ein Experiment des Sozialismus, eines demokratischen Sozialismus, gegeben. Das wurde aber mit allen Mitteln von einer Partei verhindert, von der man es dem Namen nach nicht erwartet hätte, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU).

Die spanischen Arbeiter in Stadt und Land hatten ein in Europa einzigartig hohes Klassen- und politisches Bewusstsein. Das war in erster Linie auf zwei Strömungen innerhalb der Arbeiter- und der Bauernbewegung zurückzuführen, der sozialistischen und der anarchistischen.

Als die deutsche Sozialdemokratie im Jahre 1891 im Erfurter Programm noch brav das allgemeine, gleiche, direkte Wahl- und Stimmrecht mit geheimer Stimmabgabe und die direkte Gesetzgebung durch das Volk vermittels des Vorschlags- und Verwerfungsrechts forderte (SPD: Erfurter Programm (1891), wurde von der spanischen PSOE (Partido Socialista Obrero Español) auf ihrem Kongress in Barcelona im August 1888 ein Programm angenommen, in dem klar und eindeutig die Besitzergreifung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Umwandlung des privaten und genossenschaftlichen Eigenthums an Produktionsmitteln in gemeinsames, gesellschaftliches oder allgemeines Eigenthum auf die Tagesordnung gesetzt wurde (Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung: Die Neue Zeit – Online Edition). Eng verbunden mit der PSOE war die Gewerkschaft UGT (Unión General de Trabajadores). Beide Organisationen waren anfangs noch revolutionär und vor allem in Asturien, den Industrieregionen des Baskenlandes, Teilen Kastiliens, der Extremadura und in Madrid stark vertreten.

Im Jahre 1868 kam der erste Anarchist, der italienische Revolutionär Giuseppe Fanelli nach Spanien, um Sektionen für die Internationale Arbeiterassoziation aufzubauen. Der Anarchismus verbreitete sich schnell, besonders im industriellen Barcelona und bei der Landbevölkerung in Katalonien und Andalusien. 1883 hatten die Sektionen schon an die 60.000 Mitglieder. Im Oktober 1910 wurde die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CNT (Confederación Nacional del Trabajo) gegründet. In ihrer Blütezeit hatte die CNT 1,5 bis 2 Mio. Mitglieder.

Nirgendwo fand die Saat der neuen Idee (des Anarchismus) so prächtigen Nährboden wie bei den spanischen Braceros (Landarbeiter): In ihrem lebenslangen Elend begegneten sie dem Staat in Form von brutaler Polizei, die auf sie schoss, wenn sie versuchten, irgendwo ein Stück brachliegenden Landes zu beackern, der Kirche in Form von Priestern, die Armut als gottgegeben priesen und jeden Versuch, sich dagegen aufzulehnen, zur Todsünde erklärten. („Sie werden gewinnen, aber nicht siegen“ – DER SPIEGEL 29/1986)

Kleiner Rückgriff auf die Vorgeschichte:

Im Jahre 711 begann die Invasion Spaniens durch muslimische Heere von Arabern und Berbern. Das herrschende Reich der Westgoten, die ja wiederum die Herrschaft von den Römern übernommen hatten, brach zusammen. Dabei muss man sich immer vor Augen halten, dass solche Vorgänge nur eine Auswechslung der herrschenden Klasse sind. Zu neuen Herrschern rufen sich diejenigen aus, die die größere oder besser ausgerüstete Streitmacht besitzen. Die Zahl der Westgoten war nicht groß. Die Arbeit verrichteten unter menschenunwürdigen Umständen die Sklaven, die unfreien Leibeigenen und die Freien, deren Lebensverhältnisse aber so katastrophal waren, dass sie sich als Sklaven oder Unfreie verdingten. Ein historischer Verdienst der Westgoten in Bezug auf das Staatsverständnis war die Einführung des Territorialprinzips gegenüber dem Grundsatz des an die Volkszugehörigkeit (Ethnie) gebundenen Rechts.

Im Zuge der Reconquista (Rückeroberung Spaniens durch die christlichen Herrscher) zwischen dem 8. und dem 15. Jahrhundert erhielten die Adligen und Ritter, die an dieser Wiedereroberung teilgenommen hatten, von den Königen als Lohn für ihre Dienste weite Landflächen (Latifundien) zugewiesen. Somit ging ein großer Teil des Bodens in die Hände des Adels, der Kirche, der Militär- und Ritterorden über. Die Güter der Kirche wuchsen aufgrund von Schenkungen mit der Zeit immer weiter an und bei den Adligen verhalf das Erstgeburtenrecht den Besitz zu halten, da die erstgeborenen Söhne den Boden zugesprochen bekamen. (Traditionelle und moderne Landwirtschaft in Spanien | Masterarbeit, Hausarbeit, Bachelorarbeit veröffentlichen)

Nach der Reconquista waren im südlichen Kastilien, Andalusien und der Extremadura große Gebiete nur schwach besiedelt. Die Landeigentümer dieser großen Ländereien sahen in der Wanderschafzucht einen ausgezeichneten Weg, das Weideland zu nutzen und Gewinne zu machen. Um ihre Interessen schlagkräftig durchzusetzen, schlossen sie sich in der Mesta zusammen. „Die Mesta hatte schon im 15ten Jahrhundert weite Teile der kastilischen Hochebene zu Weideland gemacht und sich im Zuge der Rückeroberung Südspaniens von den Arabern weite Teile der neu gewonnenen Gebiete aneignen können. Dabei waren ihre Methoden die der Viehbarone des wilden Westens. Durch Mord und Totschlag schüchterten sie die Bewohner Hunderter Ortschaften ein, um sich deren weit ausgedehnte und der Kommune gehörenden Ländereien anzueignen. Gerade aber diese gemeinschaftlich bewirtschafteten Flächen waren es, von denen die Bauern hauptsächlich lebten…“ (Gott spricht kastilisch – Eckart Plate, ISBN 84-89111-11-1, Seite 77 f.)

Diese Entwicklung und die enormen ökologischen Schäden durch die gefräßigen Schafe, die Felder und Wälder kahl knabberten, verursachten bei der Landbevölkerung eine Hungersnot nach der anderen, auch verbunden mit Pestseuchen, die die Bevölkerung zu Hunderttausenden dahinraffte.

Das wiederum hatte zur Folge, dass die Bauern nach den Prinzipien lebten, bzw. leben mussten, die die Anarchisten propagierten. Das Brot des einen war auch das Brot des anderen, wenn der keins hatte.

Und die Arbeiter in der Textilindustrie von Barcelona, in den Bergwerken von Andalusien, dem Baskenland sowie der Region von Murcia, in den Kohleminen von Asturien waren die Töchter und Söhne dieser Bauern und hatten die Prinzipien des Kollektivismus mit der Muttermilch aufgesogen.

„Der schottische Anarchist Stuart Christie stellt in seinem (eher durchwachsenen) Buch über die Federación Anarquista Ibérica [‚Iberische Anarchistische Föderation‘] (FAI) fest: „Der Anarchismus zog die Aufmerksamkeit eines wesentlichen Teils der spanischen Arbeiterbewegung auf sich, weil er Werte, Lebensweisen und soziale Beziehungen spiegelte und artikulierte, die an der Basis der spanischen Gesellschaft existierten.“ (Die Verbreitung des Anarchismus in Spanien im 19. und frühen 20. Jahrhundert | Untergrund-Blättle)

Dazu kam noch, dass die ländlichen Kommunen Spaniens anders als in Deutschland bis ins 16. Jahrhundert demokratisch organisiert waren. „In den meisten kleinen und mittleren Ortschaften wurden Räte und Bürgermeister gewählt, die weiträumige Kompetenzen hatten. Jede Kommune wirtschaftete mehr oder weniger selbstverantwortlich, wobei sie aufmerksam darüber wachte, dass die weit entfernt lebende Obrigkeit nicht etwa versuchte, diese Rechte zu schmälern. Aus dieser Zeit stammt der bekannte spanische Spruch „Obedecemos pero no cumplimos“ – Wir gehorchen zwar, aber führen nicht aus.“ (Gott spricht kastilisch – Eckart Plate, ISBN 84-89111-11-1, Seite 78).

Die Anarchisten waren vor allen Dingen in Katalonien stark vertreten. In den frühen 30er Jahren aber auch in Aragonien und Andalusien.

Auf diesem Boden des solidarischen Miteinander konnten sich politische und ökonomische Kämpfe wie ein Lauffeuer über das ganze Land ausbreiten. 2 Beispiele:

1. 1909 Tragische Woche

Am 9. Juli 1909 gab die Regierung bekannt, dass militärische Reserven, hauptsächlich aus der Arbeiterklasse, für den Krieg in Marokko eingezogen werden sollen. Der Marokko-Krieg, in dem die spanische Armee die Angriffe der Rif-Kabylen auf die spanische Bergwerksgesellschaft bei Melilla abwehren sollte, wurde von den katalanischen Arbeitern als ein Klassenkrieg angesehen, in dem es nicht um nationale Interessen Spaniens, sondern um die private Bereicherung der besitzenden Klasse ging. Nach der Katastrophe in der Wolfsschlucht am 23. Juli, bei der 200 spanische Soldaten getötet wurden, entfaltete sich im ganzen Land eine Woge antimilitaristischer und antikolonialistischer Propaganda.

Am 26. Juli wurde in Barcelona der Generalstreik ausgerufen. Schnell entwickelte er sich zu einem Aufstand. Der Anarchist Anselmo Lorenzo schrieb in einem Brief: „Eine Sozialrevolution ist in Barcelona ausgebrochen, und sie wurde vom Volke initiiert. Niemand hat sie angeführt. Weder die Liberalen, noch die katalanischen Nationalisten, noch die Republikaner, noch die Sozialisten, noch die Anarchisten.“ Polizeistationen wurden eingenommen, Bahngleise unbrauchbar gemacht, Barrikaden in den Straßen Barcelonas errichtet. Acht Kirchen und diverse Klöster wurden zerstört.

Einer der Aufständischen, ein gewisser Alejandro Lerroux hatte mit seiner radikalen republikanisch-antikapitalistisch-kirchenfeindlichen Rhetorik in Barcelona viele Anhänger, auch bei den Arbeitern, gewonnen. Er floh ins Ausland. Wir treffen ihn später als Ministerpräsident wieder.

Die Revolte wurde von Truppen niedergeschlagen, die aus anderen Landesteilen herangeschafft werden musste, weil sich die in Barcelona stationierten Truppen weigerten, zu schießen. 1.700 Personen wurden von Militärgerichten wegen bewaffneter Rebellion verurteilt, 59 Personen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, 17 zum Tode. 5 von ihnen wurden hingerichtet. Das Ereignis ist unter der Bezeichnung Tragische Woche in die spanische Geschichte eingegangen.

2. 1919 Huelga de La Canadiense

Im Februar entließ die Firma Riegos y fuerzas del Ebro (mit einem kanadischen Hauptaktionär), acht Arbeiter aus der Buchhaltung, die sich gegen Lohnkürzungen gewehrt und gleichzeitig darum bemüht hatten, die anarchistische Gewerkschaft CNT im Betrieb aufzubauen. Der Firmenbesitzer Fraser Lawton ließ sie kündigen. Am 5. Februar trat ein Großteil der Arbeiter der Buchhaltung in den Streik und forderte die Wiedereinstellung der entlassenen Kollegen. Lawton ließ die Streikenden durch die Polizei verhaften. Daraufhin traten am 8. Februar weitere Abteilungen der Firma in den Streik.

Da es in dieser Auseinandersetzung auch um das Recht ging, sich in Gewerkschaften zu organisieren, trat die Belegschaft des Energieunternehmens Energía Eléctrica de Cataluña ebenfalls in den Streik.

Am 17. Februar griff der Streik auf die gesamte katalanischen Textilbranche über. Die dortigen CNT-Gewerkschaften forderten die Einführung des Achtstundentages, halbtags frei an Samstagen, Anerkennung der Gewerkschaft, Abschaffung der Akkordarbeit, volle Auszahlung des Wochenlohns bei Ausfällen nach Unfällen und Verbot der Kinderarbeit.

Am 21. Februar schlossen sich Arbeiter aller Stromproduzenten Kataloniens dem Streik an. 70 % der katalanischen Industrie waren ab diesem Zeitpunkt lahmgelegt. Auch der Öffentliche Nahverkehr musste seinen Betrieb einstellen. Am 27. Februar schlossen sich die Arbeiter der Gas- und Wasserversorger dem Streik an. Am 7. März traten auch die Eisenbahner in den Streik.

Am 9. März veröffentlichte die Regierung einen Erlass, demzufolge die Arbeiter aller im Streik befindlichen Unternehmen zum Militär einberufen würden. Bei Nichtbeachtung der Einberufung wurde eine Gefängnisstrafe von vier Jahren in Aussicht gestellt. Die in der Mediengewerkschaft der CNT organisierten Arbeiter boykottierten den Druck dieses Erlasses, weil er den Interessen der Arbeiterklasse widersprach. (Was sich hier in Deutschland im Jahre 1976 gerade mal die Drucker von 2 Zeitungen trauten (Scharfe politische und Klassenkämpfe Ende der 50er bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts und die Reaktion des Staates – Seite 3 – NORBERTs GESCHICHTEN ÜBER GESCHICHTE), geschah in Barcelona des Jahres 1919 massenhaft). Die Mehrheit der Streikenden kam dem Einberufungsbefehl nicht nach, woraufhin es zu Massenverhaftungen kam. Allein im Castell de Montjuïc wurden fast 3.000 Gefangene festgesetzt.

Um das Übergreifen des Streiks auf weitere Regionen zu verhindern, verhängte die Regierung am 13. März landesweit den Ausnahmezustand und trat gleichzeitig in Verhandlungen mit dem Streikkomitee in Barcelona ein. Dabei kam folgendes heraus: Beendigung des Streiks, Anerkennung der Gewerkschaften, Immunität für das Streikkomitee und die Gewerkschaftssekretäre, Freilassung aller Gefangenen, Wiedereinstellung aller Streikenden ohne Repressalien, allgemeine Lohnerhöhungen, die Auszahlung des halben Monatslohns für den Streikmonat und die Einführung des Achtstundentags per Regierungsdekret. Es war also ein Sieg auf ganzer Linie für die kämpfende Arbeiterklasse.

Die Zweite Spanische Republik

Bei den Kommunalwahlen im April 1931 wurden in den Städten und besonders in den Großstädten, mit Ausnahme von Cádiz, überwiegend Kandidaten der sozialistischen und der linksbürgerlichen Parteien gewählt. Nach den Wahlen wurde eine Koalitionsregierung gebildet, bestehend aus linksbürgerlichen Parteien und der PSOE mit dem Schriftsteller Manuel Azaña von der Republikanischen Aktion als erstem Ministerpräsidenten, die unter der Bezeichnung Zweite Spanische Republik in die Geschichte einging.

Die Niederlage der Monarchisten war so eklatant, dass die herrschende Klasse die Monarchie opfern musste. König Alfonso XIII flüchtete überhastet aus dem Land, ohne auf seinen Thron zu verzichten. Die Republik wurde ausgerufen. „Eine glorreiche, friedliche Ära der Volksversöhnung“ habe begonnen, so die sozialistischen und bürgerlichen Spitzen.

Aber wie das so ist mit bürgerlichen Regierungen: Sie versprechen viel, setzen wenig um und wenn sie etwas mit viel Propaganda und Selbstlob umsetzen, dann kommt das in der Regel nicht den Werktätigen zugute, sondern den Reichen und Mächtigen. Beispielsweise sollten die Machtstrukturen der Kirche und die uneingeschränkte Kontrolle der Kirche über das Erziehungswesen gebrochen werden. In keinem anderen Land Europas war die katholische Kirche so mächtig wie in Spanien. Seit Jahrhunderten an eine absolute Herrschaft gewöhnt, setzte sie sich erbittert gegen jede gesellschaftliche Veränderung zur Wehr.

Kirchen und Klöster gehörten bis zur Mitte des 19ten Jahrhunderts zu den größten Grundbesitzern im Land (heute sind sie es schon wieder). Im Verlauf des 19ten Jahrhunderts wurden ländliche und städtische Grundstücke des Staates, des Klerus, der Militärorden u.a. in Nationaleigentum überführt und anschließend versteigert. Diesen Vorgang nennt man in gutbürgerlichem Deutsch Desamortisation. Die früheren Besitzer wurden entweder mit Staatspapieren abgegolten oder erhielten eine dreiprozentige Verzinsung auf den Wert der Güter. Heute würde man sich damit nicht zufrieden geben. Diese Desamortisation wurde mindestens zweimal sogar mit Zustimmung des Papstes durchgeführt (Desamortisation in Spanien – Wikipedia). Zu dieser Zeit war Pius IX. Papst. Das war derjenige mit dem Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes und dem Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariens. Bei den Grundstücken handelte es sich u.a. um brachliegende Flächen, also totem Kapital. Nun war ja die Landwirtschaft sowieso ein mühseliges, arbeitskraftintensives Geschäft. Mit dem frischen Geld konnte sich die Kirche anderen lukrativeren Geschäften zuwenden. „Anfang des 20ten Jahrhunderts besaß die Kirche Eisenbahnen, Bergwerke, Banken, Reedereien und Apfelsinenplantagen. In Madrid kontrollierten die frommen Padres die Versorgung mit Frischfisch und waren Eigner gut gehender Nachtlokale. Auch die Madrider Straßenbahnen fuhren zur Vermehrung der kirchlichen Reichtümer.“ (Gott spricht kastilisch – Eckart Plate, ISBN 84-89111-11-1, S.195) Plate bezeichnet die Kirche als den größten Gemischtwarenkonzern und er schreibt auch, dass im Jahre 1931 in Zentral- und Südspanien nur noch 5 Prozent der Bevölkerung praktizierende Katholiken waren. Die Kirche hatte sich, genau wie die Guardia Civil bei der Bevölkerung gründlich verhasst gemacht. Deshalb verwundert es nicht, dass nicht einmal einen Monat nach Ausrufung der Zweiten Republik Kirchen in Flammen aufgingen. Den Einsatz der Guardia Civil gegen die Brandstifter lehnte Azaña mit den Worten „Lieber sollen alle Kirchen brennen als ein Republikaner zu schaden kommen“ ab. Erst nach der Zerstörung von mehr als 100 Kirchen, Bibliotheken und Ausstellungsräumen wurden bewaffnete Kräfte eingesetzt.

(Ein paar Worte zur Guardia civil: Das Spezialkorps der spanischen Polizei wurde 1844 zur Bekämpfung von Banden, Strauchdieben und Wegelagerern gegründet. Da aber Landarbeiter und Bauern aufgrund ihrer bitteren Armut zu den Wegelagerern gehörten, ging die Truppe rücksichtslos gegen die Landbevölkerung vor und war bald mit ihren schwarzen Umhängen und den dreispitzigen Lackhüten gefürchtet und verhasst.)

Nach der Machtergreifung durch Francos Klerikalfaschismus änderte sich das Verhältnis zur Kirche grundlegend. Die Kirche bekam alle Rechte zurück. Auch ihre Grundstücke vermehrten sich durch wundersame Weise. Da es bis dahin besonders auf dem Lande keine Grundbücher gab, konnte die Kirche alle möglichen Grundstücke für sich reklamieren. Dazu brauchte es nur eine Unterschrift des Bischofs. (Vom Streit um Kathedralen, Stadtpaläste und Weinberge | DOMRADIO.DE – Katholische Nachrichten)

Eine andere Folge der Desamortisation war, dass in Süd- und Zentralspanien der Großgrundbesitz sich vermehrte, weil sich die armen Bauern und Landarbeiter die Ersteigerung des Bodens gar nicht leisten konnten. Also sollte von der Zweiten Republik eine Bodenreform durchgeführt werden. Wieder einmal sollte Land versteigert werden. Die neuen Eigentümer mussten das Land zum vollen Preis kaufen, den Vorbesitzern wurden Entschädigungen ausgezahlt. Die Banken weigerten sich, Kredite zu vergeben. So wurde in zwei Jahren nur ein geringer Teil der Felder verkauft. Die Arbeitslosenzahl im Landwirtschaftssektor stieg.

Weil Bauern und Landarbeiter mit solch einer Bodenreform nicht einverstanden waren, besetzten sie selbständig brach liegendes Land. Daraufhin gingen Guardia Civil und Militär brutal gegen sie vor. Die bürgerliche Regierung handelte also genauso wie alle anderen Regierungen vor ihr.

Im Januar 1933 stürmte eine Gruppe von Bauern in dem andalusischen Dorf Benalup-Casas Viejas eine Kaserne der Guardia Civil, bei dem ein Zivilgardist und ein Polizist erschossen wurden. Die Guardia Civil reagierte schnell und brutal:

Nun kam der Befehl aus dem Hauptquartier in Jerez, dass man „ohne Gnade gegen diejenigen, die auf unsere Truppen schießen, vorgehen solle“. Die Lehmhütte des „Seisdedos“ (richtiger Name: Francisco Cruz Gutierrez) wurde daraufhin in Brand gesteckt, um die Anarchisten zur Flucht zu zwingen. Als zwei Mitglieder der Gruppe, ein Mann und eine Frau, aus dem Haus flohen wurden sie sofort erschossen. Sechs weitere Mitglieder der Gruppe verbrannten in dem Haus. Unter den Opfern befand sich auch „Seisdedos“, seine beiden beiden Söhne, sein Schwiegersohn und seine Schwiegertochter. Die einzige Überlebende das Massakers war die Enkelin von „Seisdedos“ Maria Silva Cruz, die mit einem Kind in den Armen, den Flammen entkam.
Gegen vier Uhr morgens am 12. Januar wollte Hauptmann Rojas den Aufständischen einen Denkzettel verpassen. Er gab Anweisung die prominentesten Anarchisten zu suchen und zusammenzutreiben. Dabei wurde ein 74-jähriger alter Mann erschossen, als er sich zu Hause einschließen wollte. Zwölf weitere Personen wurden verhaftet und in Handschellen zu der abgebrannten Hütte des „Seisdedos“ geführt. Dort wurde ihnen die Leiche des Polizisten gezeigt, der bei den Schusswechseln ums Leben kam. Anschließend wurde einer nach dem Anderen kaltblütig hingerichtet.
(Geschichte: Die Ereignisse von Benalup-Casas Viejas | Die Strandgazette)

Nichts deutet darauf hin, dass in diesem kleinen andalusischen Dorf ein flächendeckender organisierter Aufstand stattfinden sollte bzw. geplant war. Es wurde aber damals so hingestellt, auch heute noch, wahrscheinlich um die brutale Exekution zu rechtfertigen. Die Folgen für die bürgerliche Regierung war verheerend. Eine Welle der Empörung schwappte durch das ganze Land und löste Proteste, Landbesetzungen und Streiks aus. Das Ansehen der Regierung Azaña in der Bevölkerung schwand zusehends.

Folgerichtig zerbrach diese Regierung im September 1933. Bei den Neuwahlen im November 1933 gab es für die linksbürgerlichen Parteien eine schallende Ohrfeige. Das Wahlbündnis Confederación Española de Derechas Autónomas (CEDA – eine Vereinigung von klerikal-konservativen bis faschistischen, monarchistischen Parteien, baskischen Nationalisten und einer Fraktion der Großgrundbesitzer) und die anderen rechten und monarchistischen Parteien erhielten 5,8 Millionen Stimmen, während die linken Parteien auf 3,2 Millionen kamen. Diese Niederlage kam auch dadurch zustande, dass die anarchistische CNT zur Nichtteilnahme aufrief und dass zum ersten Mal Frauen mitwählen durften, die zum größten Teil konservativ wählten. Immer wieder wurden und werden die Anarchisten mit den Folgen ihrer Ideologie konfrontiert. Sie lehnen jegliche Herrschaft ab und kämpfen für eine herrschaftsfreie Gesellschaft (keine Macht für niemand), aber ihre Politik führt immer wieder dazu, dass die reaktionärsten Kräfte an die Macht kommen bzw. dort bleiben. Trotzki schrieb dazu: „Denn auf die Eroberung der Macht zu verzichten, heißt, freiwillig die Macht dem zu überlassen, der sie besitzt, d.h. den Ausbeutern.“ (Klasse Gegen Klasse – Die katalanische Frage – Teil II: Der Spanische Bürger*innenkrieg)

Da der Anteil der CEDA an den Parlamentssitzen nicht für eine Alleinregierung reichte, wurde die bürgerliche Partido Radical regierungsbildende Partei. Ministerpräsident wurde der zurückgekehrte Alejandro Lerroux. Die neue Regierung nahm zunächst die Sozialgesetzgebung und die Kirchengesetze ihrer Vorgängerin zurück. Die Großgrundbesitzer wurden ein zweites Mal entschädigt und konnten wieder uneingeschränkt über ihre Territorien herrschen. Die putschenden Offiziere unter der Führung von General José Sanjurjo von 1932 wurden amnestiert und bekamen ihre alten Kommandostellen zurück.

Das alles rief natürlich den Zorn und Widerstand der Arbeiter hervor. In anarchistischen Hochburgen wie Saragossa kam es im Dezember 1933 und im Juni 1934 zu Aufständen und zum Generalstreik. In Andalusien und Valencia solidarisierte man sich mit Streiks und dem Abbrennen von Kirchen. Im Juni 1934 fand ein Generalstreik in 15 Provinzen statt, an dem sich CNT und UGT beteiligten. Er wurde nach neun Tagen mit Hilfe eines Kompromisses beendet.

Vertreter der PSOE warnten den Staatspräsidenten Niceto Alcalá Zamora davor, die CEDA an der Regierung zu beteiligen und drohten mit Generalstreik. Nichtsdestotrotz berief der Präsident drei nachrangige Mitglieder der CEDA ins Kabinett. PSOE und UGT konnten nicht mehr zurück und riefen zum Generalstreik auf.

Die Regierung verkündete daraufhin den Kriegszustand. Da die Arbeiter keine Waffen hatten, konnte der Aufstand an den meisten Orten ziemlich schnell niedergeschlagen werden.

Nur in einer Region hielt sich der Aufstand länger. Am 4. Oktober erstürmten Bergarbeiter in den Bergbaustädten Asturiens die örtlichen Kasernen der Guardia Civil und der Guardia de Asalto (Sturmgarde) und erbeuteten deren Waffen. Am folgenden Tag machten sich mehrere Kolonnen von Bergleuten auf den Weg in die Provinzhauptstadt Oviedo und brachten sie zum größten Teil unter ihre Kontrolle.

Weitere Städte wurden besetzt, vor allem das große industrielle Zentrum von La Felguera. Unter der Parole Unios Hermanos Proletarios! – Einigkeit, Proletarische Brüder! wurden Fabriken und Felder enteignet und gemeinschaftlich geführt und bestellt. Zur Verwaltung wurden Komitees gewählt.

Die von den Generälen López Ochoa und Francisco Fanco angeführte Spanische Fremdenlegion und Regulares (Leichte Infanterie, rekrutiert aus der Bevölkerung von Spanisch-Marokko) konnten ihre Truppen ziemlich widerstandslos in den Häfen Gijon und Avilés anlanden, sie einnehmen und anschließend auch die asturische Region unter ihre Kontrolle bringen. Die Soldaten verhielten sich bestialisch, ein Vorgeschmack auf den spanischen Bürgerkrieg: Gefangene Bergarbeiter wurden gefoltert, vergewaltigt, verstümmelt und exekutiert. Arbeiter, die sich ergeben hatten, wurden gruppenweise ohne Verhandlung exekutiert. Andere wurden in speziellen Lagern gefoltert, damit sie verrieten, wo sie die Waffen versteckt hatten. Die Schätzungen der getöteten Aufständischen schwanken zwischen 1.700 und 3.000, die der anschließend Inhaftierten zwischen 30.000 und 40.000. Ins Gefängnis gingen auch Manuel Azaña, Largo Caballero und der Ministerpräsident der katalanischen Landesregierung Lluis Companys. (Letzteres kommt einem merkwürdig aktuell vor).

Dieser Aufstand ging unter der Bezeichnung Asturische Kommune oder auch in Anlehnung an die russische Oktoberrevolution als spanischer Oktober in die spanische Geschichte ein.

Der Widerstand der asturischen Arbeiter hatte die Menschen aufgerüttelt und die Unterdrückung und Massakrierung der Aufständischen hatten die Abneigung gegen das konservative Lager verstärkt.

Nach Skandalen und Zerwürfnissen innerhalb der rechten Parteien löste Staatspräsident Zamora das Parlament auf und schrieb Neuwahlen aus.

Die Volksfront (Frente Popular)

Das liberale Bürgertum griff dankbar das Konzept der von der KPdSU unter Stalins Führung und der Kommunistischen Internationale (Komintern) auf dem VII. Weltkongress 1935 entwickelten Idee der Volksfront auf. Die Komintern verabschiedete sich damit von der Theorie, dass die Sozialdemokratie, die vorher als Sozialfaschismus bezeichnet wurde, der Hauptfeind der Arbeiterbewegung sei. Jetzt sollte eine Einheitsfront mit allen Arbeiterparteien, aber auch mit linksbürgerlichen und liberalen Kräften gebildet werden. Damit wurde das Ziel der Unterstützung der sozialen Revolution in anderen Ländern aufgegeben. Es war ein deutliches Zeichen an die bürgerlichen Länder Frankreich und Großbritannien, dass sie nichts von der Sowjetunion zu befürchten hatten, weil Stalin mit diesen Ländern eine Front gegen den deutschen Faschismus aufbauen wollte. Die Führung der KPdSU verlangte also von den anderen kommunistischen Parteien, dass sie den Kampf gegen die eigene Bourgeoisie aufgeben und sich unter deren Führung stellen sollten. Und das um der egoistischen Ziele willen, die nur den eigenen Machterhalt im Sinn hatte. Dass die großen kommunistischen Parteien das mitmachten, zeigt nur den ungeheuren ideologischen und organisatorischen Einfluss der KPdSU, den sie damals gehabt hat. Diese Politik hatte katastrophale Auswirkungen.

Am 15. Januar 1936 schlossen demgemäß zwei linksbürgerliche Parteien mit allen maßgeblichen Arbeiterorganisationen das Wahlbündnis Frente Popular:

Die 1920 gegründete PCE (Partido Comunista de España) war zu diesem Zeitpunkt noch eine unbedeutende Partei mit wenigen Mitgliedern. Das änderte sich mit der Unterstützung der Republik durch die Sowjetunion mit Waffen. Diese Waffenlieferungen mussten aber teuer bezahlt werden. Goldreserven der Bank von Spanien im Werte von ca. 500 Mio. US$ wurden in die Sowjetunion verschifft. In Katalonien schlossen sich die sozialistische und die kommunistische und zwei weitere kleine Parteien zur PSUC (Partit Socialista Unificat de Catalunya – Vereinigte Sozialistische Partei Kataloniens) zusammen.

Die PSOE war schon in der Zweiten Republik auf den Geschmack des Regierens gekommen. Sie hatte sich inzwischen nach sozialdemokratischer Manier einen rechten Flügel zugelegt um Indalecio Prieto, der von September 1936 bis Mai 1937 Marine- und Luftwaffenminister wurde.

In der 1935 in Abgrenzung zur PCE gegründeten POUM (Partido Obrero de Unificación Marxista) kämpften oppositionelle Kommunisten und Linkssozialisten zusammen. Die bolschewistischen Funktionäre behaupteten (und tun es auch heute noch), dass die POUM eine trotzkistische Partei gewesen sei, was sie aber nie war. Der Mitbegründer der Partei, Andreu Nin, gehörte zwar früher zum Stab von Leo Trotzki, hatte sich aber aufgrund von Meinungsverschiedenheiten von Trotzki getrennt. Trotzki selber schätzte die POUM als zentristisch ein, also schwankend zwischen Reform und Revolution. Obwohl gering an Zahl hatte die POUM Einfluss im Spanischen Bürgerkrieg, besonders in Barcelona.

Die anarchistische CNT rief dieses Mal nicht zum Wahlboykott auf und nach einigem Zögern beteiligte sie sich auch mit 4 Ministern an der Volksfront.

Die einzigen, die gegen diese Politik Front machten, waren die Anarchisten um Buenaventura Durutti, der Kampfgruppe Los Solidarios, und auch große Teile der FAI (Federación Anarquista Ibérica). 1927 hatten sich die reinen Anarchisten zur FAI zusammengeschlossen. Sie wollten verhindern, dass die CNT sich von den anarchistischen Prinzipien entfernt und auf einen moderaten Kurs einschwenkt. Die FAI organisierte sich parallel zu den Strukturen der CNT auf allen Ebenen und versuchte deren Politik über Aktionskomitees, die jeweils aus Mitgliedern beider Organisationen bestanden, zu beeinflussen.

Die Volksfront siegte am 16. Februar 1936 mit einem Stimmenvorsprung von 150.000 Stimmen vor der Nationalen Front (Frente National) und gewann insgesamt 47,17 % der Stimmen.

Die bürgerlichen Republikaner bestimmten maßgeblich den Programmentwurf und besetzten zunächst einmal alle Ministerposten. Der ehemalige abgewirtschaftete Ministerpräsident Manuel Azaña wurde neuer Staatspräsident. Eine sozialistische, eine kommunistische und eine marxistische Partei (jedenfalls sich so nennende Parteien) ordneten sich dem natürlichen Feind der Arbeiter, dem Bürgertum und ihrem Programm, unter.

Die Revolution beginnt

Aber bald darauf begannen die Massen frei von jeglicher Parteienbevormundung selbständig zu handeln. Sie befreiten überall im Lande Tausende von Inhaftierten. Streiks mit Forderungen nach Lohnerhöhungen und besseren Arbeitsbedingungen sowie Solidaritätsstreiks fanden im ganzen Land statt. Ohne entsprechende Erlasse aus Madrid abzuwarten, kollektivierten Landarbeiter Ländereien, darunter diejenigen von Präsident Zamora.

Die Linken in der PSOE propagierten die Unausweichlichkeit einer Revolution und sprachen von der Diktatur des Proletariats.

Dem konnten die alten reaktionären Kräfte natürlich nicht tatenlos zusehen. Am 17. Juli 1936 begann der Aufstand der Generäle um Franco in der spanischen Exklave Melilla an der nordafrikanischen Küste. Dieser Putsch wiederum löste eine revolutionäre Situation aus. In Städten, Dörfern, Fabriken und Gruben, besonders in den nördlichen Regionen, übernahmen Komitees (die spanische Form der Räte) die Macht. Fabriken wurden enteignet. In Barcelona und anderen katalanischen Städten ebenso alle wichtigen Gebäude, Autos und die Straßenbahn. Auch Unternehmen wie Hotels, Friseursalons und Restaurants wurden kollektiviert und von ihren Mitarbeitern betrieben. Volkskantinen wurden aufgebaut, um die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Komitees aus Vertretern der Arbeiter- und republikanischen Parteien übernahmen die lokale Macht. Sie waren für alle Fragen der Revolution – von der Enteignung der Betriebe über die Kontrolle der Bankvermögen, für Sozialfürsorge, Preiskontrollen oder Wohnraum, zuständig. Grund und Boden wurden unter den kleinen Bauern und Landarbeitern aufgeteilt, die sich gleich darauf selbständig und freiwillig zu Freien Kommunen zusammen schlossen. Die Komitees entschieden, was angebaut und was verbraucht wurde. Arbeit und Konsum wurden nach dem Motto geregelt: „Jeder nach seinen Möglichkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“ Zur Sicherung der Macht wurden bewaffnete Arbeitermilizen geschaffen. Es fehlte nur noch der zentrale Zusammenschluss dieser Komitees auf übergeordneter Ebene.

In Katalonien geschah das sogar. Es wurde ein Zentralkomitee der antifaschistischen Milizen gebildet. Das ZK wurde der eigentliche Machtfaktor in Katalonien. Die republikanische Landesregierung existierte nur noch pro forma. „Das Komitee der Milizen war gleichzeitig Kriegs-, Innen- und Außenministerium und steuerte ähnliche Körperschaften auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Das Komitee war der legitimste Ausdruck der Macht des Volkes.“ (Diego Abad de Santillan, in Bernecker: Anarchismus und Bürgerkrieg, S. 217)

Niemand vermochte es besser, die Atmosphäre jener Tage einzufangen als der englische Schriftsteller George Orwell, der an der Seite der spanischen Arbeiter und Bauern kämpfte. Die Ankunft in Barcelona schildert er im 1. Kapitel seines Buches Mein Katalonien:

„Zum ersten Mal war ich in einer Stadt, in der die arbeitende Klasse im Sattel saß. Die Arbeiter hatten sich praktisch jedes größeren Gebäudes bemächtigt und es mit roten Fahnen oder der rot und schwarzen Fahne der Anarchisten behängt. Auf jede Wand hatte man Hammer und Sichel oder die Anfangsbuchstaben der Revolutionsparteien gekritzelt. Fast jede Kirche hatte man ausgeräumt und ihre Bilder verbrannt. Hier und dort zerstörten Arbeitstrupps systematisch die Kirchen. Jeder Laden und jedes Café trugen eine Inschrift, dass sie kollektiviert worden seien. Man hatte sogar die Schuhputzer kollektiviert und ihre Kästen rot und schwarz gestrichen. Kellner und Ladenaufseher schauten jedem aufrecht ins Gesicht und behandelten ihn als ebenbürtig. Unterwürfige, ja auch förmliche Redewendungen waren vorübergehend verschwunden. Niemand sagte »Senor« oder »Don« oder sogar »Usted«. Man sprach einander mit »Kamerad« und »du« an und sagte »Salud!« statt »Buenos dias«. Trinkgelder waren schon seit Primo de Riveras Zeiten verboten. Eins meiner allerersten Erlebnisse war eine Strafpredigt, die mir ein Hotelmanager hielt, als ich versuchte, dem Liftboy ein Trinkgeld zu geben. Private Autos gab es nicht mehr, sie waren alle requiriert worden. Sämtliche Straßenbahnen, Taxis und die meisten anderen Transportmittel hatte man rot und schwarz angestrichen. Überall leuchteten revolutionäre Plakate in hellem Rot und Blau von den Wänden, so dass die vereinzelt übrig gebliebenen Reklamen daneben wie Lehmkleckse aussahen. Auf der Rambla, der breiten Hauptstraße der Stadt, in der große Menschenmengen ständig auf und ab strömten, röhrten tagsüber und bis spät in die Nacht Lautsprecher revolutionäre Lieder. Das Seltsamste von allem aber war das Aussehen der Menge. Nach dem äußeren Bild zu urteilen, hatten die wohlhabenden Klassen in dieser Stadt praktisch aufgehört zu existieren. Außer wenigen Frauen und Ausländern gab es überhaupt keine »gutangezogenen« Leute. Praktisch trug jeder grobe Arbeiterkleidung, blaue Overalls oder irgendein der Milizuniform ähnliches Kleidungsstück. All das war seltsam und rührend. Es gab vieles, was ich nicht verstand. In gewisser Hinsicht gefiel es mir sogar nicht. Aber ich erkannte sofort die Situation, für die zu kämpfen sich lohnte. Außerdem glaubte ich, dass wirklich alles so sei, wie es aussah, dass dies tatsächlich ein Arbeiterstaat wäre und dass die ganze Bourgeoisie entweder geflohen, getötet worden oder freiwillig auf die Seite der Arbeiter übergetreten sei.“ (George Orwell – Mein Katalonien (1938)

Und noch eine andere Szene in Aragón im 8. Kapitel:

„Ich war mehr oder weniger durch Zufall in die einzige Gemeinschaft von nennenswerter Größe in Westeuropa gekommen, wo politisches Bewusstsein und Zweifel am Kapitalismus normaler waren als das Gegenteil. Hier in Aragonien lebte man unter Zehntausenden von Menschen, die hauptsächlich, wenn auch nicht vollständig, aus der Arbeiterklasse stammten. Sie lebten alle auf dem gleichen Niveau unter den Bedingungen der Gleichheit. Theoretisch herrschte vollkommene Gleichheit, und selbst in der Praxis war man nicht weit davon entfernt. In gewisser Weise ließe sich wahrhaftig sagen, dass man hier einen Vorgeschmack des Sozialismus erlebte. Damit meine ich, dass die geistige Atmosphäre des Sozialismus vorherrschte. Viele normale Motive des zivilisierten Lebens – Snobismus, Geldschinderei, Furcht vor dem Boss und so weiter – hatten einfach aufgehört zu existieren. Die normale Klasseneinteilung der Gesellschaft war in einem Umfang verschwunden, wie man es sich in der geldgeschwängerten Luft Englands fast nicht vorstellen kann. Niemand lebte dort außer den Bauern und uns selbst, und niemand hatte einen Herrn über sich.“ (George Orwell – Mein Katalonien (1938)

Die wirtschaftliche Entwicklung in den Tagen der Revolution wurde vom spanischen Schriftsteller und Antifaschisten Heleno Saña in seinem Buch Die libertäre Revolution. Die Anarchisten im spanischen Bürgerkrieg. Nautilus, ISBN 3-89401-378-8, S. 129 so beschrieben:

„In einigen Gebieten war Geld völlig eliminiert und durch Gutscheine ersetzt worden. Unter diesem System hatte Ware oft nur ein Viertel ihrer vorigen Kosten.

Die anarchistische Kommunen produzierten mehr als vor der Kollektivierung. Insbesondere im Rüstungssektor gelang eine hohe Steigerung der Produktivität. Statt 25 Fabriken im September 1936 arbeiteten im Juli 1937 300 Betriebe mit einer Gesamtbelegschaft von 150.000 Arbeitern in der Kriegsindustrie, wo die Produktion um 30–40 % stieg. Auch im Dienstleistungssektor war eine große Produktivitätssteigerung zu verzeichnen, hier sind besonders die Verkehrsbetriebe Barcelonas zu erwähnen, die mit 700 Straßenbahnen 100 mehr als vor dem Putsch betrieben und die Eigenproduktion der Ausrüstungsgegenstände von vorher 2 % auf 98 % steigerte. Die selbstgebauten Wagen waren leichter und größer als die alten, so dass die Einnahmen um 15–20 % gesteigert werden konnten, obwohl die Fahrpreise heruntergesetzt worden waren. Die Landwirtschaft steigerte beispielsweise in Katalonien ihre Erträge um 40 %. Die kürzlich befreiten Zonen arbeiteten nach völlig libertären Prinzipien; Entscheidungen trafen Räte und Versammlungen ohne irgendeine Art von Bürokratie. (Anzumerken ist, dass zu dieser Zeit die CNT-FAI-Führung nicht annähernd so radikal war wie die eingetragenen Mitglieder, die für diese raschen Veränderungen verantwortlich waren.)

Zusätzlich zur ökonomischen Revolution war da ein Geist der kulturellen Revolution. Als unterdrückend empfundene Traditionen waren verschwunden. Zum Beispiel war den Frauen Abtreibungen erlaubt, und die Idee der freien Liebe wurde populär. In vielerlei Beziehung war dieser Geist der kulturellen Revolution ähnlich der der Bewegung der „Neuen Linken“ in den 1960er Jahren.“ (Anarchismus in Spanien – Wikipedia)

Gegenrevolution

Diese Revolution war natürlich nicht im Sinn der spanischen Bourgeoisie. Aber sie war auch nicht im Sinn der KPdSU. Die sowjetische bolschewistische Partei sah ihre Aufgabe nicht mehr in der selbstlosen Unterstützung der Weltrevolution, sondern nur noch unter dem Blickwinkel der Erhaltung der eigenen Macht. Ihr Streben war darauf ausgerichtet, Frankreich und England im Kampf gegen das faschistische Deutschland auf ihre Seite zu ziehen. Da käme eine von ihr unterstützte sozialistische Revolution reichlich ungelegen.

Deshalb erfand sie die Politik der Volksfrontregierungen. Großes Gewicht zur Durchsetzung dieser Volksfront verschaffte sich die Sowjetunion durch ihre Waffenlieferungen an die republikanische Seite. Die PCE bestimmte Ende 1936 schon rigoros die Politik der Volksfrontregierung. Wegbereiter war der linksbürgerliche Sozialist Largo Caballero. Er wurde am 4. September 1936 zum Ministerpräsidenten ernannt und ging sehr geschickt vor. Es gelang seiner Regierung, die Autorität der staatlichen Institutionen wiederherzustellen, indem sie bestimmte Errungenschaften der Revolution legalisierte, aber gleichzeitig die revolutionären Organe ihrer Eigenständigkeit beraubte. Offiziell zerschlug sie die Komitees nicht, sondern überführte sie in staatliche Strukturen. Von nun an konnten die Komitees nicht mehr eigenständig handeln, sondern waren staatlicher Kontrolle unterworfen. Die Milizen wurden in die republikanische Armee integriert und das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit verboten. Damit brachte Caballero die revolutionäre Bewegung weitgehend zum Stillstand. Einer von denen, die vorher die Diktatur des Proletariats gefordert hatten, fiel also den revolutionären Arbeitern in den Rücken. Wenn schon eine Diktatur, dann doch lieber eine bürgerliche.

All das geschah mit der Zustimmung aller Parteien und auch der anarchistischen Gewerkschaft CNT.

Hier noch einmal ein längerer Auszug aus dem 5. Kapitel von Mein Katalonien von George Orwell, der die Vorgänge hervorragend beschreibt:

„Der allgemeine Umschwung nach rechts begann ungefähr im Oktober und November 1936, als die UdSSR anfing, die Zentralregierung mit Waffen zu versorgen, und als die Macht von den Anarchisten auf die Kommunisten überging. Außer Russland und Mexiko besaß kein anderes Land den Anstand, der Zentralregierung zu Hilfe zu kommen, und Mexiko konnte aus einleuchtenden Gründen Waffen nicht in großen Mengen liefern. So waren also die Russen in der Lage, die Bedingungen zu diktieren. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass diese Bedingungen vor allem lauteten: »Verhindert die Revolution, oder ihr bekommt keine Waffen.« So wurde die erste Maßnahme gegen die revolutionären Elemente, nämlich die Verdrängung der P.O.U.M. aus der katalanischen Generalidad, nach Befehlen der UdSSR durchgeführt. Man hat abgeleugnet, dass die russische Regierung irgendeinen direkten Druck ausgeübt habe. Aber diese Tatsache ist nicht von großer Bedeutung, denn man kann annehmen, dass die kommunistischen Parteien aller Länder die russische Politik ausführen. Es wird aber nicht geleugnet, dass die kommunistische Partei die hauptsächliche Triebkraft zunächst gegen die P.O.U.M., später gegen die Anarchisten, den von Caballero geführten Flügel der Sozialisten und allgemein gegen eine revolutionäre Politik war. Nachdem sich die UdSSR einmal eingemischt hatte, war der Triumph der kommunistischen Partei gesichert. Zunächst wurde das kommunistische Prestige dadurch enorm gehoben, dass man Russland gegenüber dankbar war für die Waffen und die Tatsache, dass die kommunistische Partei besonders nach Ankunft der Internationalen Brigade den Anschein erweckte, als könnte sie den Krieg gewinnen. Zweitens wurden die russischen Waffen durch die kommunistische Partei oder die mit ihr verbündeten Parteien ausgeliefert, und sie achteten darauf, dass ihre politischen Gegner sowenig wie möglich davon erhielten (Anm.: Das war der Grund dafür, dass es an der aragonischen Front so wenig russische Waffen gab, da die Truppen dort hauptsächlich Anarchisten waren. Bis zum April 1937 sah ich als einzige russische Waffe – mit Ausnahme einiger Flugzeuge, die vielleicht russisch waren, vielleicht aber auch nicht – nur eine einzelne Maschinenpistole.). Drittens gelang es den Kommunisten durch die Verkündung einer nichtrevolutionären Politik, alle diejenigen um sich zu scharen, die von Extremisten verscheucht worden waren. Es war beispielsweise leicht, die wohlhabenderen Bauern gegen die Kollektivierungspolitik der Anarchisten zu sammeln. Die Mitgliedschaft der Partei wuchs gewaltig an, der Zufluss speiste sich hauptsächlich aus dem Mittelstand: Ladenbesitzer, Beamte, Armeeoffiziere, wohlhabende Bauern und so weiter, und so weiter. Im Grunde genommen war der Krieg ein Dreieckskampf. Das Ringen mit Franco musste fortgesetzt werden, aber gleichzeitig war es das Ziel der Zentralregierung, alle Macht zurückzugewinnen, die noch in den Händen der Gewerkschaften verblieben war. Dies geschah durch eine Reihe kleiner Manöver, es war eine Politik der Nadelstiche, wie es jemand genannt hat, und man tat es, im ganzen gesehen, sehr klug. Es gab keine allgemeine, offene Gegenrevolution, und bis zum Mai 1937 war es nicht einmal nötig, Gewalt anzuwenden. Man konnte die Arbeiter immer durch ein Argument zur Räson bringen, das fast zu augenfällig ist, um es zu nennen: »Wenn ihr dieses oder jenes nicht tut, werden wir den Krieg verlieren.« In jedem Fall natürlich verlangte anscheinend die militärische Notwendigkeit, etwas aufzugeben, das die Arbeiter 1936 für sich errungen hatten. Aber dieses Argument war immer stichhaltig, denn das letzte, was die Revolutionsparteien wünschten, war, den Krieg zu verlieren. Verlor man den Krieg, würden Demokratie und Revolution, Sozialismus und Anarchismus zu bedeutungslosen Worten. Die Anarchisten, die einzige Revolutionspartei, deren Größe von Bedeutung war, wurden gezwungen, Stück für Stück nachzugeben. Das Fortschreiten der Kollektivierung wurde angehalten, die örtlichen Ausschüsse wurden entfernt, die Arbeiterpatrouillen wurden aufgelöst, die Polizeikräfte der Vorkriegszeit wurden, weitgehend verstärkt und schwer bewaffnet, wieder eingesetzt, und verschiedene Schlüsselindustrien, die unter der Kontrolle der Gewerkschaften gestanden hatten, wurden von der Regierung übernommen. (Die Übernahme des Telefonamtes von Barcelona, die zu den Maikämpfen geführt hatte, war ein Beispiel dieser Entwicklung.) Schließlich, und das war das allerwichtigste, wurden die Milizeinheiten der Arbeiter, die sich auf die Gewerkschaften gründeten, allmählich auseinandergebrochen und in die neue Volksarmee aufgeteilt. Das war eine >unpolitische< Armee, sie hatte einen halben Bourgeoischarakter. Es gab unterschiedlichen Sold, eine privilegierte Offizierskaste und so weiter, und so weiter. Unter den besonderen Umständen war das tatsächlich ein entscheidender Schritt. In Katalonien vollzog man ihn allerdings später als an anderen Orten, denn hier waren die Revolutionsparteien am stärksten. Offensichtlich bestand die einzige Garantie für die Arbeiter, ihre Errungenschaften zu festigen, nur darin, einen Teil ihrer Streitkräfte unter ihrer eigenen Kontrolle zu haben. Wie gewöhnlich wurde auch das Auseinanderbrechen der Miliz im Namen militärischer Leistungsfähigkeit vollzogen, und niemand leugnete, dass eine gründliche militärische Reorganisation notwendig war. Es wäre aber durchaus möglich gewesen, die Miliz zu reorganisieren und leistungsfähiger zu machen und sie gleichzeitig unter der direkten Kontrolle der Gewerkschaften zu belassen. Der Hauptzweck des Wechsels lag darin, dafür zu sorgen, dass die Anarchisten keine eigenen Waffen mehr besaßen. Außerdem war der demokratische Geist der Miliz ein Brutnest für revolutionäre Ideen. Die Kommunisten wussten das sehr genau und schimpften ohne Unterlass und erbittert über die P.O.U.M. und das anarchistische Prinzip des gleichen Lohns für alle Ränge. Es fand eine allgemeine >Verbürgerlichung< statt, eine absichtliche Zerstörung des Gleichheitsgeistes aus den ersten Monaten der Revolution. Alles ereignete sich so geschwind, dass Leute, die Spanien innerhalb von wenigen Monaten mehrmals besucht hatten, erklärten, dass sie anscheinend kaum das gleiche Land besuchten. Was an der Oberfläche und für eine kurze Weile ein Arbeiterstaat zu sein schien, verwandelte sich vor den eigenen Augen in eine herkömmliche Bourgeoisrepublik mit der normalen Unterscheidung von reich und arm. Im Herbst 1937 erklärte der >Sozialist< Negrin in öffentlichen Ansprachen, dass »wir privates Eigentum respektieren«, und Mitglieder des Cortes, die zu Beginn des Krieges aus dem Land fliehen mussten, da man sie faschistischer Sympathien verdächtigte, kehrten nach Spanien zurück.“ (George Orwell – Mein Katalonien (1938)

Was Orwell mit der Reorganisation der Milizen meinte, ist wahrscheinlich auch die fehlende Disziplin bei den Anarchisten. Ein Beispiel unter vielen:

„Als Alfred Kantorowicz als Assistent des Kommissars der 11. Internationalen Brigade in Madrid eingesetzt war, kam eines Tages ein junger Mann in sein Büro und bat ihn um ein vertrauliches Gespräch. Er sei Mitglied einer anarchistischen Formation aus Katalonien, die zur Verteidigung Madrids herbeigeeilt sei. Er bat den Kommunisten Kantorowicz um Hilfe und die Entsendung von Instrukteuren. Es gehe darum, weitere Opfer zu vermeiden. Was er damit meine, fragte Kantorowicz. Man habe vor ein paar Tagen ein Haus gestürmt und große Verluste dabei erlitten. Dann habe sich herausgestellt, dass in diesem Haus die eigenen Leute, also Republikaner, gewesen seien. Dann habe man versucht, einen Minenwerfer in Gang zu setzen. Dabei sei dieser explodiert und man habe zwölf Tote und acht schwer Verwundete zu beklagen gehabt. Vor allem deshalb sei er hier, denn am selben Abend noch sollten die anderen Minenwerfer ausprobiert werden. Entgeistert fragt Kantorowicz, ob sie denn keine Chefs hätten? Nein, Führer hätten sie natürlich nicht, auch keine Ränge, schließlich seien sie anarchistische Freiwillige. Jedes Mal, bevor sie „an die Front“ gingen, wählten sie Kameraden, die für diesen Tag verantwortlich seien. Allerdings niemals die gleichen, sondern reihum, damit möglichst jeder einmal die Verantwortung trage. „In keinem Augenblick meines Hierseins war ich so niedergeschlagen, nahezu hoffnungslos, wie während und nach dieser Unterredung. Alle Bemühungen der paar tausend Mann, die Madrid hielten – es sind mit Einschluss der zuverlässigen spanischen Bataillone nur ein paar tausend Mann – ihr Opfermut, ihre Disziplin schien mir unterzugehen in einem riesen Sumpf von Planlosigkeit, von Selbstvernichtung“, resümiert Kantorowicz und fährt fort: „Ganze Provinzen sind von zahlenmäßig bedeutungslosen, spontan agierenden und kühn geführten Grüppchen erobert worden, ganze Provinzen sind aber auch von führerlosen und kopflos agierenden Gewehrträgern verloren worden.“ (NachDenkSeiten – Die kritische Website > „Es ist besser, stehend zu sterben, als kniend zu leben! No pasarán!“)

Die Politik der KPdSU und der ihr hörigen PCE erschöpfte sich nicht nur in dem Bestreben, die Revolutionäre ideologisch dem Bürgertum in die Arme zu treiben. Sie betrieben aktiv die Zerschlagung der Kräfte, die die soziale Revolution weiter führen wollten. Zuerst wurde die POUM als schwächste Kraft ins Visier genommen. Das fing in Madrid an.

„Ihr Madrider Parteiorgan wurde verboten, ihre Jugendzeitung suspendiert. Nachdem die Kämpfe um die Stadt vorübergehend die Aufmerksamkeit der Junta beansprucht hatten, erfolgten dann im Januar erneute Angriffe: Ihr Militärhospital und ihr Radiosender wurden beschlagnahmt, die Zeitung für ihre Milizen an der Madrider Front wurde verboten. Dies alles geschah, während ihre Kämpfer bei der Verteidigung der Stadt einen hohen Blutzoll leisteten. Oftmals wurden ihre Einheiten an den gefährlichsten Stellen eingesetzt. so als ob sie systematisch ‘verheizt’ werden sollten.“ (tossdorf2.PDF – tossdorff.pdf)

Seit Beginn des Bürgerkrieges hatten Anarchisten und Mitglieder der POUM die Telefónica an der Plaça de Catalunya in Barcelona besetzt, die für den Telefonverkehr ins Ausland von entscheidender Bedeutung war.

Am 3. Mai 1937 befahl der bolschewistische Polizeichef Eusebio Rodríguez Salas der Guardia Civil und der Sturmgarde den Angriff auf die Telefonzentrale. Die bewaffneten Besetzer wehrten sich heftig. Arbeiter in der Stadt traten spontan in den Streik, Barrikaden wurden errichtet. Milizen der POUM und der CNT/FAI kämpften sich in die von der Guardia Civil und den bolschewistischen Kräften gehaltenen Stadtviertel vor und beherrschten Barcelona am nächsten Tag zum größten Teil. Am 6. Mai wurde eine Anzahl von prominenten Anarchisten in ihren Wohnungen von Todesschwadronen ermordet. Tags darauf trafen mehr als 6.000 Mann der Sturmgarde mit zwei Zerstörern aus Valencia ein und übernahmen die Kontrolle über Barcelona. Schätzungen zufolge starben bei diesem Terrorakt der Bolschewiki 400 bis 500 Kämpfer. (siehe auch: Maiereignisse – Wikipedia)

Im Juni 1937 wurde die POUM verboten. Ihr wurde vorgeworfen, trotzkistische Verräter und die 5. Kolonne Francos zu sein. Das waren alles Lügen. Das Parteibüro der POUM im Hotel Falcón wurde auf Anordnung des Generalkonsuls der Sowjetunion Wladimir Alexandrowitsch Antonow-Owsejenko in Barcelona geschlossen und in ein Gefängnis umgewandelt, in dem 40 Angehörige der POUM interniert und gefoltert wurden. Der Parteivorsitzende der POUM Andreu Nin wurde vom sowjetischen Geheimdienst NKWD ebenfalls verschleppt, gefoltert und ermordet.

Im Juli 1937 wurden die POUM-Einheiten aufgelöst. Viele der POUM-Offiziere und ausländische Milizionäre, die der POUM nahestanden, wurden verhaftet, sofern sie nicht fliehen oder sich verstecken konnten. Die Festnahme der Ausländer erfolgte meistens dann, wenn diese unbewaffnet zum Fronturlaub nach Barcelona kamen. Die Verbrecher saßen wie immer in der Etappe. An der Front war es den Kämpfenden egal, welcher Partei sie angehörten. Hauptsache, sie waren Kämpfer, auf die man sich verlassen konnte.

Die Folge der konterrevolutionären Volksfrontpolitik war, dass die Arbeiter in Stadt und Land nicht mehr wussten, wofür sie kämpfen sollten. Für eine bürgerliche Republik, die ihnen verwehrte, eine revolutionäre demokratische Ordnung zu errichten?

Das war das Ende der Revolution und der Anfang der Niederlage gegen den faschistischen Putsch. Da konnten die spanischen Arbeiter und Bauern und die in den Internationalen Brigaden organisierten Freiwilligen aus aller Welt noch so tapfer, mutig und aufopfernd kämpfen, sie standen auf verlorenem Posten. Sie waren durch die Politik der KPdSU und der Komintern verraten und verkauft. Die Besten der Besten aus Spanien und aus aller Welt wurden einfach nur verheizt und in den Rachen der mörderischen faschistischen Soldateska geworfen.

Zum Schluss eine Selbstkritik des Anarchisten Diego Abad de Santillán: „Wir wußten, daß es nicht möglich war, in der Revolution zu siegen, ohne vorher im Krieg gesiegt zu haben, und deswegen opferten wir alles für den Krieg. Wir opferten sogar die Revolution, ohne zu merken, daß dieses Opfer auch die Opferung der Kriegsziele selbst miteinbezog.“Por qué perdimos la guerra, (Warum wir den Krieg verloren) 1940. (Zitiert nach: Saña: Die libertäre Revolution. Die Anarchisten im spanischen Bürgerkrieg, Hamburg 2001, S. 114). (Diego Abad de Santillán – Wikipedia)

Schlussbemerkung:

Durch die historischen Beiträge auf dieser Website verläuft u.a. diese rote Linie: Die Darstellung der Politik der KPdSU und die Kritik daran. Man könnte diesen Faden auch die Spur des Verbrechens nennen.

Ich habe die führenden Leute der KPdSU und anderer sich kommunistisch nennender Parteien Bolschewiki genannt. Sie Kommunisten zu nennen, wäre eine Lüge. Bolschewiki heißt Mehrheitler auf russisch. Der Ausdruck stammt aus dem Jahre 1903, als Lenins Fraktion bei einer Abstimmung auf dem 2. Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) die Mehrheit bekommen hatte. In den anderen kommunistischen Parteien verstand man später unter Bolschewisierung, eine Partei Leninschen Typus aufzubauen und so zu werden wie das große Vorbild in der Sowjetunion, das mit einem kühnen Handstreich die Macht an sich gerissen hatte und sie auch behaupten konnte. In den Reden von Ernst Thälmann vor der Parteiführung anfangs der 30er-Jahre schwingt immer wieder die Verzweiflung mit, warum die KPD es noch nicht geschafft hatte, sich wie die KPdSU zur Führerin des Proletariats aufzuschwingen und siegreich zur Revolution voranzuschreiten (thaelmann-band3 – thaelmann-band3.pdf und thaelmann-band4 – thaelmann-band4.pdf). Aber wie ich das schon einmal an anderer Stelle ausgeführt habe, eine revolutionäre Situation lässt sich nicht durch den Willen einer Partei herbeizwingen und die Arbeiterklasse lässt sich nicht wie eine Armee kommandieren. In Russland hatten die Kommunisten die Macht in einer revolutionären Situation an sich gerissen, obwohl die materiellen Voraussetzungen für einen sozialistischen Aufbau noch nicht gegeben waren. Im Laufe der Zeit wurden zumindest die ökonomischen Voraussetzungen durch die Elektrifizierung, den verstärkten Aufbau der Industrie und die Kollektivierung der Landwirtschaft geschaffen. Das geschah aber mit den bürgerlichen Mitteln des Zwanges, der Gewalt und Unterdrückung. Da das Ganze aber als korrekte kommunistische Politik ausgegeben wurde, vernichtete man gleichzeitig die genau so wichtigen subjektiven Voraussetzungen, nämlich den revolutionären Willen der Arbeiterklasse zum Aufbau des Sozialismus.

Trotzdem ging der Einfluss der KPdSU weit über die Sowjetunion hinaus:

Die Bolschewiki haben in Deutschland durch ihre falsche Einschätzung der Sozialdemokratie als Sozialfaschisten mit dazu beigetragen, dass der Faschismus an die Macht kam (siehe Wie kam es 1933 zum Faschismus? – Faschismus in Deutschland Teil I – Seite 13 – NORBERTs GESCHICHTEN ÜBER GESCHICHTE).

Sie sind durch ihre falsche nationale, gegen die Weltrevolution gerichtete Politik verantwortlich, nicht nur für die Niederlage der Arbeiter und Bauern in Spanien, sondern z.B. auch für die Ermordung der Kommunisten durch Tschiang Kai Shek in China und durch Atatürk in der Türkei. Und das geschah noch zu Lenins Lebzeiten. (Der Aufbau des Sozialismus in Sowjetrussland/Sowjetunion – der größte Fake der Weltgeschichte – NORBERTs GESCHICHTEN ÜBER GESCHICHTE)

Und wenn man sich den gerade genannten Beitrag durchliest, dann kommt man nur zu einer Einschätzung: Diese Bolschewiki waren Antikommunisten und mit zunehmender Entwicklung Faschisten. Sie haben das Ansehen des Kommunismus in aller Welt schwer beschädigt, haben dessen Inhalt bis zur Unkenntlichkeit verformt, in den Dreck gezogen und zertrampelt. Keine Bourgeoisie auf dieser Welt hätte es vermocht, den Kommunismus der Verachtung so preiszugeben, wie es die KPdSU getan hat.

Damit meine ich natürlich nicht die Mehrheit der Kommunisten, die in Spanien und anderswo diszipliniert und mutig unter Einsatz ihres Lebens gegen den Faschismus und für die sozialistische Revolution gekämpft haben.

Um sich einen Eindruck von den damaligen Verhältnissen zu verschaffen, ist es immer gut, sich die Lieder der Zeit anzuhören. Hier gibt es eine umfassende Sammlung und man kann zumindest in die Lieder hineinhören. (Spanien im Herzen: Lieder des Spanischen Bürgerkrieges (7CD + DVD) (7 CDs) – jpc)

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