Wie kam es 1933 zum Faschismus? – Faschismus in Deutschland Teil I


Abschnitt 4 Nur die Lage der beherrschten Klassen verschlechterte sich zusehends

Auf der anderen Seite verarmte die Arbeitnehmerschaft während der sogenannten Goldenen Zwanziger Jahre. Durch die Inflation war die Mark so tief gesunken, dass im November 1923 vier Billionen zweihundert Milliarden Mark gerade mal einem amerikanischen Dollar entsprachen.

Ende 1925 war die Arbeitslosigkeit auf fast 20 Prozent gestiegen. Weitere 20 Prozent mussten sich mit Kurzarbeit begnügen. Bis zum Herbst 1926 gab es 2 Millionen Vollerwerbslose. Nach einer kurzen Zeit der wirtschaftlichen Erholung, in der die Arbeitslosigkeit erheblich zurückging, die Löhne um durchschnittlich 2,2 Pfennig pro Stunde stiegen, folgte bei einsetzender Weltwirtschaftskrise ein Abschwung, der zur Massenverelendung führte. Im Dezember 1929 gab es 2,9 Millionen Arbeitslose und weitere 3 Millionen mussten kurzarbeiten. In den Tarifverhandlungen ging es nur noch um Lohnsenkungen.

Anfang 1926 verdiente ein Berliner Maurer 1,26 Mark je Arbeitsstunde, ein Maßschneider 96 Pfennige, ein Bäcker 1,02 Mark, ein Schuhmacher 70 Pfennige, eine ungelernte Metallarbeiterin 44 Pfennige. Der durchschnittliche Stundenlohn im Deutschen Reich betrug 87,1 Pfennige, der Durchschnitts-Wochenverdienst der männlichen Arbeiter lag bei 41,75 Mark brutto. Die Angestelltengehälter waren zum Teil noch niedriger: eine gelernte Verkäuferin in Frankfurt an der Oder bekam 80 Mark brutto im Monat, eine Berliner Kontoristin 128 Mark, ein Prokurist in Hamburg 240 Mark.

1930 rechnete der ehemalige Sozialdemokrat Bandmann den Leuten vor, dass schon 40 Mark für vier Köpfe in der Woche genügen würden. Seltsamerweise bewegen sich solche Rechenkünstler immer im Dunstkreis der Sozialdemokratie.

Der kaiserliche Ex-Monarch Wilhelm II., der sich 1918 nach Holland abgesetzt hatte, bekam im Gegensatz dazu eine monatliche Rente von 50.000 Mark, was ihm aber noch zu wenig war. Genau soviel bekam 1930 der Generaldirektor Wilhelm Cuno von der Hamburg-Amerika-Linie, der vom 22. November 1922 bis 12. August 1923 deutscher Reichskanzler war. Der erhielt aber außerdem noch die Ministerpension aus seinem kurzen politischen Auftritt. Reichsbankdirektor Hans Luther bekam 340.000 Mark und Julius Dorpmüller, Generaldirektor bei der Deutschen Reichsbahn, 250.000 Mark. Davon ließ sich natürlich einigermaßen leben.

Im Dezember 1930 war die Zahl der Erwerbslosen auf 4,9 Millionen angewachsen, von denen aber nur noch knapp die Hälfte Unterstützung aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bezog. Bis Ende 1931 hatte sich das Heer der Arbeitslosen schon auf knapp 6 Millionen vermehrt. Dabei waren die Fabrikherren und Zechenbesitzer sehr darauf bedacht, in erster Linie die gewerkschaftlich organisierten Sozialdemokraten und Kommunisten zu entlassen.

Dazu kamen die Opfer, die der Masse der deutschen Bevölkerung infolge des verlorenen Krieges aufgebürdet wurden.

Die Gesamtsumme der durch das Deutsche Reich erfolgten Zahlungen betrug nach deutschen Angaben 67,7 Milliarden Goldmark, nach den alliierten Berechnungen aber nur 21,8 Milliarden Goldmark. Die Differenz erklärt sich durch eine unterschiedliche Bewertung zahlreicher Leistungen.

Doch auch der Mittelstand, vor allem das Kleinbürgertum, kämpfte ums Überleben. Und das war die Schicht, die den nationalsozialistischen Rattenfängern zuerst auf den Leim gingen und mit fliegenden Fahnen auf deren Versprechen hereinfiel.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.